Hat der aufstrebende Kreuzfahrttourismus an der bulgarischen Schwarzmeerküste eine Zukunft? Beitrag des Bulgarischen Rundfunks

  • Hat der aufstrebende Kreuzfahrttourismus an der bulgarischen Schwarzmeerküste eine Zukunft?
    veröffentlicht am 16.10.14 um 14:02
    Autor: Weneta Nikolowa
    Foto: BGNES


    Die Zahl der Kreuzfahrttouristen an unserer heimischen Schwarzmeerküste hat sich im Vergleich zum Erfolgsjahr 2013 mehr als verdoppelt. Dieses Plus, das vor allem die Branche freut, gibt Anlass zur Annahme, dass sich diese Sparte zu einer gewinnbringenden Industrie mausern könnte.


    Die Zahlen sprechen für sich. Bis Ende Oktober werden im Warnaer Hafen 25.000 Touristen erwartet, die sich für eine Fahrt auf diesen fantastischen schwimmenden Palästen entschieden haben. Der Burgasser Hafen wiederum vermeldet die Rekordzahl von 18.000 Passagieren. Und auch Nessebar - die dritte bulgarische Kreuzfahrtdestination - freut sich über nie da gewesenes Interesse. In diesem Sommer legten 26 Kreuzfahrtschiffe mit knapp 7.000 Passagieren im Hafen von Nessebar an. In der Regel gehen diese schwimmenden Hotels nur einen Tag vor Anker. Zeit genug für die Touristen, die entsprechenden touristischen Sehenswürdigkeiten zu besichtigen und der lokalen Wirtschaft dabei durchschnittlich 100 Euro einzubringen.


    Für den diesjährigen Ansturm von Kreuzfahrtpassagieren an unserer Küste gibt es jedoch eine logische Erklärung. Obwohl das Schwarze Meer nicht unbedingt zu den beliebtesten Kreuzfahrtreisezielen zählt, verzeichnet es seit geraumer Zeit steigendes Interesse. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die Unruhen in Nordafrika die Mittelmeerrouten abrupt eingeschränkt haben und die Schiffe weiter nördlich unterwegs sind, weitab von den Konfliktgebieten.


    Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass das Schwarze Meer vor zwei Jahren von führenden Branchenunternehmen zur Kreuzfahrtschiffdestination mit der dynamischsten Entwicklung ernannt wurde. Das wiederum habe zu steigenden Buchungen geführt, erfahren wir von Wladimir Karadschow, dessen Firma mit mehreren der weltgrößten Kreuzfahrtunternehmen zusammenarbeitet. In der Regel dauern die Schwarzmeerkreuzfahrten eine Woche, wenn die Schiffe mehrere Großhäfen anlaufen, 4-5. Aufgrund des Konflikts in der Ukraine waren die Reedereien in diesem Frühjahr jedoch gezwungen, ihre Routen zu ändern. Die Passagierschiffe mussten von Jalta und Odessa auf einige gegenüberliegende Häfen ausweichen, zu denen u.a. Warna, Burgas und Nessebar gehören. "Bis Ende Oktober werden über 120 Schiffe in den bulgarischen Häfen anlegen, in anderen Jahren belief sich diese Zahl auf 50-60", kommentiert Wladimir Karadschow und weiter:


    "In Wahrheit war es den Reedereien unmöglich, ihre Routen zu ändern, da diese bereits gebucht waren, die Touristen bereits ihre Flugtickets gekauft hatten und Routenänderungen im Schwarzen Meer den Unternehmen sehr teuer zu stehen gekommen wären. Für das kommende Jahr sieht es anders aus. Falls der Konflikt in der Ukraine weiter andauert, könnten die Reedereien ihre Routen in der Region kürzen und dabei höchstens 1-2 anstatt der bisher 4-5 Häfen anlaufen. Dabei ist es sehr wahrscheinlich, dass dafür kein bulgarischer Hafen in Frage kommt, sondern beispielsweise ein rumänischer."


    Der Grund dafür, so Wladimir Karadschow, seien die teuren Hafengebühren in Bulgarien, die höchsten in der gesamten Schwarzmeerregion. Damit riskiert unser Land, dieses lukrative Tourismussegment an Rumänien zu verlieren. In diesem Sommer haben im rumänischen Hafen Konstanza so viele Schiffe angelegt, wie in unseren drei Häfen zusammen. Wenn die Kreuzfahrtschiffe beginnen würden, die bulgarische Schwarzmeerküste zu meiden, würden dem Staat laut Angaben der Warnaer Tourismuskammer jährlich rund 3 Millionen US-Dollar verloren gehen.


    "Unsere Gebühren waren auch vordem schon sehr hoch", kommentiert Wladimir Karadschow. "Die Branche hat sich für eine Senkung dieser Gebühren eingesetzt, jedoch ergebnislos. Das Problem ist, dass es bei uns sehr teuer ist. Ein Schiff zahlt in den bulgarischen Häfen Zehntausende Euro Gebühren pro Tag, d.h. 30-40% mehr als in anderen Häfen. Diese Summe umfasst auch andere Kosten, wie beispielsweise Schlepper- und Umweltgebühren, Passagiergebühren etc. Die Gesamtsumme aller Gebühren ist im Vergleich zu anderen Schwarzmeerstaaten nicht wettbewerbsfähig. Aus diesem Grund neigen die Reederein dazu, in Rumänien statt in Bulgarien anzulegen."


    Dennoch schmieden die Stadtverwaltungen unserer Hafenstädte bereits ehrgeizige Pläne, um ihre Attraktivität als Kreuzfahrtreiseziel aufzustocken. Neue Strandpromenaden, vielfältige Kulturkalender, spezielle Busparkplätze etc. sollen die Passagierschiffe in die heimischen Häfen holen. Ob der Aufwärtstrend trotz der nicht konkurrenzfähigen Gebühren anhalten wird, bleibt abzuwarten.


    Übersetzung: Christine Christov

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